Per Tandem unterwegs in Sudamerika, Neuseeland und Europa!
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Friday, 10 June 2005
Langogne ? Brioude: Dem Allier entlang durch die Auvergne
Der Stausee bei Langogne war keine Augenweide, durch die monatelange Trockenperiode war er fast leer. Trotz kuhlen 13 Grad fronten Surfer und Segler ihrem Hobby und nutzten den starken Sudostwind. Nach dem oden See gelangten wir zu einem sympathischen kleinen "Camping a la Ferme" wo wir gleich das Zelt aufschlugen. Die angekundigte Storung zog in der Nacht mit Sturm und viel Regen voruber, am Morgen war uns das Wetter wieder hold. Wir waren nun wieder auf Strasschen unterwegs, wo wir uns in den hintersten Ecken Frankreichs wahnten. Diese ruhigen, einsamen und noch sehr naturnahen Gebiete lieben wir, unsere bisherige Route durch Frankreich verlief fast ausschliesslich durch solche unbekannten Regionen. Im hubschen Weiler Fabreges war das Schloss mit dem alten Schieferdach und der weitlaufigen Mauer um das Anwesen ein faszinierender Anblick. Durch liebliche Flusstaler rollten wir runter nach Le Nouveau Monde, wo wir den Allier uberquerten und anschliessend steil nach St. Haon auf die Hochebene emporstiegen. Der Blick zuruck auf Le Nouveau Monde war wie auf eine Modellbahn - mit Bahnhof, Dorf, drei Bahnviadukten, Tunnel, Burgruine und Felszacken. Wir hatten nicht gedacht, dass St. Haon auf 1000m liegt und mussten die 300 Hohenmeter in 20 Minuten meistern, da wir befurchteten, die Backerei schliesse um 12 Uhr, wir hatten heute noch kein Brot gefunden. Genau mit dem Glockenschlag erreichten wir ausser Atem die Boulangerie und kauften gleich einen Brotvorrat, um die bervorstehenden Pfingsten zu uberleben. Wir genossen die wunderschone Strecke nach Alleyras, Landschaftsgenuss pur! Fur die Auvergne ist Vulkangestein typisch. So waren die Hauser nun plotzlich ganz anders, aus dunklen, vulkanischen Quadern erbaut, was uns sehr gut gefiel. Auf dem Campingplatz in Le Pont d'Alleyras bekamen wir von einem Fischer eine ganze Bratpfanne voll Fisch geschenkt, die er ubrig hatte!
Die Etappe von Le Port d'Alleyras nach Lavoute-Chilhac war ein traumhafter Auvergne-Tag. Nachdem sich der Morgennebel verzogen hatte, lachte die Sonne vom blauen Himmel. Wir verliessen den ruhigen Ort mit den verblichenen "Hotel"-Schriftzugen auf schonen Gebauden und folgten in stetem Auf und Ab der Allier-Schlucht. In St. Privat d'Allier gefielen uns die vielen speziellen Hauser, die Kirche hatte eine sehenswerte romanische Apsis. In Frankreich sind solche kulturellen Sehenswurdigkeiten sehr gut ausgeschildert und, im Gegensatz zu Spanien, nicht von Vandalen zerstort. Trotz Pfingsten waren Backerei und Metzgerei geoffnet, wir deckten uns mit Leckereien ein. Das folgende Panoramastrasschen nach Vergues war ebenfalls Radelgenuss pur durch geniale Landschaft. Schone Bauernhofe aus dunklem Gestein, Blumenwiesen, tief unten der Allier und die Viadukte der Eisenbahn und kaum ein Auto weit und breit. Die Abfahrt nach Prades brachte uns an den Fuss von spektakularen Felswanden aus Basaltsaulen. Die Lavamassen erstarrten einst zu "Orgelpfeifen", schon geordnet oder wild durcheinander. Auf dem Camping Municipal in Lavoute-Chilhac, das mit der grossen Klosteranlage auf einer Halbinsel und stattlichen Hausern ein ganz spezielles Ortsbild hatte, ubernachteten auch zahlreiche Pfingsturlauber, die den Allier per Kanu runterpaddelten. Wir folgten dem Fluss anderntags noch bis nach Brioude, wo wir Grosseinkauf im Supermarkt machten, bevor wir uns in die Einsamkeit des "Cezalliers" begaben.

Posted by tandem-adventure at 3:29 PM BST
Updated: Friday, 10 June 2005 3:35 PM BST
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Florac ? Langogne: Auf einsamen Strassen durch die wilden Cevennen
Die bestellten Ersatzreifen waren noch nicht auf der Post eingetroffen. Da wir sowieso zwei Ruhetage benotigten, hofften wir, dass sie noch ankommen werden. Auf dem Campingplatz lernten wir ein Ehepaar aus La-Chaux-de-Fonds kennen, die mit einem ehemaligen Post-VW-Bus unterwegs waren. Sie haben das gelbe Fahrzeug liebevoll zu einem einfachen, sehr personlichen Campervan umgebaut. Eine Familie mit funf kleinen Kindern und zwei vollbepackten Eseln bot ein schones Bild, als sie auf dem Campingplatz ankamen. Sie durchqueren Frankreich von den Pyrenaen zum Jura zu Fuss in sechs Monaten!
Als die Reifen auch nach zwei Tagen noch nicht angekommen waren, beschlossen wir dennoch weiterzufahren und sie uns nachschicken zu lassen. Wie sich dann viel spater herausstellte, waren sie irrtumlicherweise an unsere letzte Lieferadresse in Neuseeland geschickt worden. Gut erholt und ganz nach dem Mottto eines einheimischen Radfahrers "le mieux est devant" starteten wir Richtung Col de la Croix de Berthel. Auch der oberste Abschnitt des Tarn war sehr schon, nicht mehr so schroff und uberlaufen wie die eigentliche Tarnschlucht, dafur einsam und grun. Der Ginster bluhte, das Schloss Mirot thronte auf einem Felsen und unsere Beine kurbelten wie von selbst. Nach der Passhohe hatten wir auf der Panoramastrasse prachtige Ausblicke in die weiten, bewaldeten Hugelzuge der Cevennen. Die Hauser im ehemaligen L'Espinas waren nur noch Ruinen. Eine Infotafel berichtete uber das fruhere Leben und das Projekt des Nationalparks der Cevennen, dem Weiler wieder neues Leben einzuhauchen. Wir entschieden uns nun, die Kammstrasse zu verlassen und das kleine Bergstrasschen runter nach Vialas zu nehmen, ein Volltreffer, wie sich gleich herausstellte. Schon die Strasse als solche war herrlich, wie sie sich in das abgelegene Bergtal runterschlangelte, immer wieder Blicke auf entlegene Weiler und Vialas auf der anderen Talseite freigebend.
Als wir zwei Manner mit Schaufel und Pickel an der Arbeit sahen, gingen wir neugierig fragen, was sie da machen. Sie waren daran, eine eingesturzte Quellwasserfassung einer Muhle wieder instand zu stellen und forderten Schubkarren voll Schlamm weg. Die alte Muhlenanlage wird im Auftrag des Nationalparks der Cevennen restauriert. Die Manner erzahlten uns viel uber die Geschichte und forderten uns auf zu einem Rundgang durch die Anlage - ein wahres Bijou! Drei Muhlen nutzten das kostbare Wasser. Die oberste Muhle besitzt eine sehr komplizierte Mechanik, vollig untypisch fur die einfachen Muhlen auf dem Lande. Offenbar wurde diese Technik bei der nahen Mine abgeschaut. Die zweite Muhle weiter unterhalb und die dritte im Tal unten harren noch der Restaurierung. Die Muhlen waren eigentlich an einem seltsamen Ort angelegt worden, kein Bach weit und breit. Muhlen am Bach unten wurden haufig durch Hochwasser zerstort, hier bestand diese Gefahr nicht. Als Wasserzufuhr dienten drei unterirdische Quellfassungen mit gemauertem Gewolbe und kleinem Wasserreservoir und, als hauptsachlicher Wasserlieferant, ein kleiner Stausee. In diesem wurde das Regenwasser der intensiven Herbstniederschlage gesammelt. Das ausgeklugelte System reichte offenbar, die Anlage ganzjahrig betreiben zu konnen. Auch die Umgebung der Muhlen mit Trockensteinmauern, alte Terrassen und knorrigen Kastanienbaumen faszinierte uns, ein schoner Flecken!
Das Stichwort "Mine" liess Richard's Ohren wachsen. Die Manner erzahlten, dass Vialas wegen des Bergwerks einst der zweitgrosste Ort im Bezirk Lozere war. Nachdem der Betrieb stillgelegt wurde, kaufte ein Belgier die Anlage und beutete die Gebaude als Steinbruch aus. Leider, denn die Anlage war die Schonste weit und breit und ware heute eine Sehenswurdigkeit. Auf unserer weiteren Abfahrt Richtung Vialas hielten wir Ausschau nach Mauerresten im Wald. Plotzlich wimmelte es nur so von Mauern, alten Wegen, Schutthalden und ganzen Hausfassaden zwischen den Baumen. Wir stellten das Tandem ab, begaben uns auf eine kleine Entdeckungstour und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Eine gigantische Anlage verbarg sich da zwischen den Baumen wie eine riesige Burgruine. Mehrere Stockwerke hohe Wande mit Fensteroffnungen, Pfeilern, Schachten, Mauerbogen, Turmen - ein Gewirr an Gebauderuinen soweit das Auge reichte. Der Bach floss unterirdisch durch die Anlage hindurch, das Gewolbe war aber stellenweise eingebrochen. Wir hatten noch lange rumstreunen konnen, aber es war schon Abend und wir mussten noch einen Platz zum Schlafen finden. In Vialas war der "Camping Municipal" zwar noch geschlossen, das Zelt konnten wir dennoch (gratis) aufstellen. Das Wasser zum Kochen, Abwaschen und Trinken nahmen wir einfach mit dem Wassersack vom Dorfbrunnen mit. Nach dem Nachtessen erhielten wir Besuch von zwei Wildschweinen. Die schwarzen Borstentiere trampelten friedlich vobei. Als sie uns entdeckten, streckten sie die Schwanze in die Hohe und rannten im Zickzack davon. Nicht weit entfernt duckten sie sich hinter Busche und kamen wieder angetippelt, als wir im Zelt verschwunden waren.
Mit einem leckeren Mandelgipfel aus der Dorfbackerei verliessen wir Vialas und rollten bei einsetzendem Regen uber Genolhac nach Villefort. Im Stadtchen picknickten wir schlotternd unter einer Laube, zwei frierende deutsche Tofffahrer gesellten sich zu uns. Nach Villefort anderte die Szenerie schlagartig. Nicht mehr Walder und Wiesen sondern eine karge, felsige Landschaft mit tiefen Schluchten hinunter Richtung Rhonetal. Wir uberquerten eine Staumauer, stiegen am Rande einer Schlucht wieder kraftig in die Hohe und erreichten ein fruchtbares Hochplateau. Weisse Narzissen bluhten in den Wiesen soweit das Auge reichte. Im mittelalterlichen Mini-Stadtchen La Garde-Guerin erklommen wir die abenteuerliche Treppe auf den Turm der Burg von wo aus wir eine tolle Aussicht auf die romanische Kapelle, die Stadtmauer und die alten Hauser hatten. Mude ereichten wir nach einem langen Tag La Bastide, wo wir auf dem vorzuglich gefuhrten Campingplatz das Zelt aufstellten. Bei einer heissen Schokolade plauderten wir mit dem initiativen und sympathischen Campingplatzeigentumer im kleinen Restaurant. Er war Bauer in der Nahe von Paris und gab den Betrieb kurzlich auf. Mit diesem Campingplatz will er einige Jahre lang Geld verdienen und danach mit seiner Frau in einem Wohnmobil auf Weltreise gehen. Er hat die sauberste Sanitaranlage, die wir je auf einem Campingplatz gesehen hatten und konnte auch unsere seit langerem rumgetragene Frage beantworten, warum in Frankreich uberall auf den WC's die Klobrillen entfernt wurden. Per Gesetz seien diese nun verboten, da sich darunter Krankheitskeime ansammeln konnen...so mussen wir wie Skifahrer in der Hocke unser Geschaft erledigen. Dass wir bei Bauern meist mit offenen Armen empfangen werden, wenn wir um einen Platz fur das Zelt bitten, fuhrt er darauf zuruck, dass wir Schweizer seien. Als Franzosen hatten wir keine Chance und als Englander oder Hollander waren wir wenig beliebt. So erfuhren wir viel uber Eigenheiten und Sonderbarkeiten des Landes und kamen erst spat zum Schlafen.
In La Bastide mussten wir uns entscheiden, ob wir weiter durch die Ardeche fahren oder eher Richtung Nordwesten weiter in die Auvergne halten sollten. Aufgrund der Routenvorschlage des Campingbetreibers und einer deutschen Radfahrerin entschieden wir uns fur die Richtungsanderung in die Auvergne. Dem Fluss Allier entlang, vorbei an zahlreichen Bahnviadukten und Meeren von Lowenzahn erreichten wir Langogne.

Posted by tandem-adventure at 3:18 PM BST
Updated: Friday, 10 June 2005 3:28 PM BST
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Friday, 3 June 2005
La Salvetat-sur-Agout - Florac: Schlosser der Aveyron, Schluchten in den Cevennen
Der Zeltplatz bei den netten Bauern war schlicht perfekt gewesen, auch wenn der Kater am Zelt markierte, was entsprechend stank. Wir rollten hinab ins Stadtchen La Salvetat-sur-Agout und besorgten wie jeden Morgen frische, knusprige Baguettes. Frisches Brot scheint in Frankreich ein Menschenrecht zu sein, kein Feiertag im Jahr ohne dass mindestens eine Backerei im Dorf frisches Baguette und Pain au Chocolat anbietet. Am Stausee Lac Laouzas wirkten die Ferienhauskolonien ebenso als Fremdkorper wie der See selbst. Bald rollten wir wieder durch die liebliche und freundliche Hugellandschaft der Aveyron. Gleissendes Sonnenlicht und Wolken wechselten sich mit starkem Westwind in schneller Folge ab, Lowenzahn leuchtete uberall und die halbgrunen Buchenwalder waren eine Augenweide. Vom Col de Coustel bremsten wir lange talwarts, bis wir im reizvollen Stadtchen Brusque als erste Gaste der Saison auf dem “Camping Municipal” das Zelt aufschlugen. In Spanien waren die meisten Zeltplatze ab Ostern geoffnet, hier in Frankreich viele erst ab Juni. Wir konnen dies nicht ganz nachvollziehen, wimmelt es doch von Campervans auf den Strassen.
Das pittoreske Schloss Fayet bewog uns zu einem Abstecher. Eine junge Frau fuhrte uns durch die immer noch bewohnte Schlossanlage. Aus einer mittlealterlichen Kapelle entstand eine Burganlage und in der Renaissance ein Lustschloss. Der grosse baumbestandene Park schirmte das Anwesen vor neugierigen Blicken ab, wenn Feste und Parties der Adligen stiegen. Lange Zeit stand das Schloss leer, Obdachlose wohnten darin, bis die heutigen Eigentumer vor 10 Jahren dem Schloss zu einer neuen Bluten verhalfen. Weil es so kalt war und wir die einzigen Besucher waren, lud uns die Fuhrerin in ihre Wohnung im Nebenhaus des Schlosses zu einem Tee ein. Sie hilft mit bei der laufenden Renovierung des Schlosses, dem Aufbau des Museumsteils, fuhrt Besucher durch die Anlage, stellt Konzepte fur Schulklassen und Pfadilager auf die Beine und hat damit einen tollen Job gefunden. Wir plauderten lange in der warmen Kuche und verliessen nach vier Stunden die charmante Schlossanlage mit der lebendigen Geschichte.
Wir fuhren zwei weitere Tage durch fantastische landliche Gegenden, vorbei an Schlossern und dem mittelalterlichen Schmuckkastchen La Couvertoirade. Bei Nant gelangten wir in die Schlucht des Dourbie, die Cevennen standen vor der Tur. Grosse Kalk-Hochflachen sind hier von tief eingeschnittenen Flusstalern und Schluchten durchzogen. Wir starkten uns mit frischem Brot, schmackhaftem Ziegenkase und Saucisson und wuschen am Dorfplatz das Geschirr der letzten Zeltnacht im Grunen. In St. Jean entschieden wir uns fur das weniger direkte, schmale Bergstrasschen nach Dourbies, das durch die Dourbie-Schlucht fuhrte. Schnell stiegen wir in die Hohe, danach fuhrte das Strasschen hoch uber der Schlucht in jedes Seitental und wieder zuruck. Wir passierten abgelegenste Dorfer und Weiler, in denen nur noch wenige Menschen wohnen. Auch am nachsten Tag folgten wir dem Dourbie weiter bergauf. Das felsige, hellgraue Flussbett schimmerte zwischen den hellgrunen Buchen. Durch karge Weiden, vorbei an Tannenwaldern und Alpgebauden erreichten wir den Col de Faubel (1285m). Durch die grandiose Landschaft des Nationalparks der Cevennen fuhren wir runter nach Meyrueis. Richard besichtigte unterwegs die Abime de Bramabiau, eine unterirdische Schlucht, die sich der Fluss Bonheur ins Kalkgestein gefressen hatte.
Die Kronung des Tages bildete die Fahrt durch die 21 km lange Gorge de la Jonte nach Le Rozier. Wir fuhren staunend durch die imposante Kulisse von Kalkturmen, Felsnadeln und schroffen Wanden. Wir hatten die Strasse an diesem langen Abend fast fur uns allein. Vom standig Kopfe in die Hohe recken hatten wir schon steife Nacken, immer wieder hielten wir an um die Anblicke zu geniessen. Auf dem Campingplatz in Le Rozier stellten uns unsere Nachbarn, ein Ehepaar aus Killwangen, einen Campingtisch und zwei Stuhle hin, als wir wie ublich im Gras sitzend unser Nachtessen zubereiteten. Dankend nahmen wir das Angebot an, kamen uns an dem grossen Tisch fast etwas verloren vor. Sie luden uns zu einem Tee ein, wir plauderten noch bis spat in den Abend hinein.
Am anderen Morgen riefen sie uns an die Warme, wir durften unser Muesli im geheizten Wohnbus einnehmen.
Fur die Fahrt durch die 65 km lange Tarnschlucht hatten wir einen Bilderbuchtag. Wir kamen nur langsam voran, standig hielten wir an zum Fotografieren und zum Staunen. Ueberhangende Felswande, bizarre Kalkturme und huebsche Dorfer, die hoch oben in den Felsen klebten oder nur per Seilbahnchen erreichbar unten am Fluss lagen. Wir beobachteten fasziniert die Kletterer, die uberall wie farbige Spinnen in den Felsen hingen. Kanus glitten den Tarn runter, der Verkehr hielt sich trotz Sonntag nach Auffahrt in Grenzen. Viele Gruppen von deutschen und schweizer Motorradfahrern waren unterwegs und winkten uns zu, Wohnmobile zirkelten durch die Tunnels und engen Stellen der schmalen Strasse. Ein junges deutsch-schweizer Paar schenkte uns ihr letztes Reiheli Lindt-Schokolade. Die Schlucht wollte kein Ende nehmen, immer noch mehr grandiose Ausblicke. Mude und zufrieden erreichten wir nach diesem ausgefullten Tag am 8. Mai 2005 Florac. Da wir in den Pyrenaen beide Reifen ersetzen mussten und nun ohne Reservereifen unterwegs waren, liessen wir uns zwei neue von der deutschen Firma Schwalbe zusenden, die wir hoffentlich am nachsten Morgen auf der Post abholen konnen.

Posted by tandem-adventure at 10:23 AM BST
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Carcassonne - La Salvetat sur Agout: Nachtlicher Wildbesuch und Pain d?Epice
Eigentlich wollten wir einen zweiten Tag in Carcassonne bleiben, um endlich wieder mal ausgiebig mailen und die Berichte auf unsere Seite stellen zu konnen. Trotz der Grosse der Stadt fanden wir nur ein einziges Internetcafe, das erste in Frankreich uberhaupt. Dieses war aber so uberrissen teuer, dass wir uns zur Weiterfahrt entschieden. In Ecuador fanden wir in jeder Ortschaft ein Internetcafe, aber hier in Frankreich ist dieses Medium kaum offentlich vorhanden, da waren ja die sparlichen Moglichkeiten in Spanien gerade noch ausgezeichnet!
Heute war der Gegenwind nicht mehr so zermurbend, weil die Fahrt durch die Rebberge mit stattlichen Schlossern sehr abwechlungsreich war und wir uns den Montagne Noire naherten, wo wir uns in den Nord-Sud-Talern Schutz vor dem Wind erhofften. Das Weinbauerndorf Caunes-Minervois mit der romanischen Benediktinerabtei und den massiven Hausern gefiel uns mit seinem Charme. Im Garten eines Hauses durften wir Bergwasser aus einer eigenen Quelle tanken und machten uns auf in die Gorge de l‘Argent-Double. Trotz zeitweiligem Regen genossen wir die Fahrt bergauf. Wir hatten die schone, kurvige Strasse fur uns, passierten vertraumte Bergdorfer und freuten uns am Anblick der bluhenden Obstgarten, welche immer wieder im schmalen Tal neben dem Fluss Platz fanden. Grazile romanische Steinbogenbrucken schwangen sich uber den Fluss, in der Mitte nur gerade von der Dicke des tragenden Bogens. Hier wirkte es nicht mehr so „alpin“ wie in den Pyrenaen, mehr mediterran. Eigentlich hatten wir schon langst das Zelt aufstellen mussen, aber nach dem Ruhetag liefen die Beine so locker und rund, dass wir erst kurz vor dem Eindunkeln auf der Passhohe des Col de Salette (913m) mitten in der Natur das Zelt hinter einer Hecke aufstellten. In der Nacht schlich ein in hohen Tonen bellendes Tier ums Zelt, wir horten seinen Atem ganz nah, getrauten uns aber nicht rauszuschauen. Ob es ein Wildschwein oder ein Reh war? Am Morgen erwachten wir fruh, weil ein Auto wenige Meter von uns weg parkierte. Es war aber nur der Forstdienst, der sich weiter nicht um uns kummerte.
Der sturmische Wind der letzten drei Tage, der noch die ganze Nacht am Zelt geruttelt hatte, war plotzlich weg. Die Walder ringsum waren in dicke Nebelschwaden gehullt. Bei leichtem Nieseln kochten wir Porridge und waren entzuckt uber die zauberhafte Stimmung hier oben. Wir rollten durch eine juraahnliche Landschaft talwarts. Bei einem Aussichtspunkt hatte man bis zum Mittelmeer sehen konnen, die Mischung aus Wolkenfetzen und Morgensonne war aber auch beeindruckend. Ueber den Col de Serieres gelangten wir auf den Nebenstrasschen in ein abgelegenes Tal mit hubschen Weilern. In Courniou stiessen wir auf die stark von Lastwagen befahrene Hauptstrasse, welch ein Graus nach diesen ruhigen Bergstrasschen.
Von St. Pons de Thomieres, wo wir uns vor Auffahrt mit ausreichend Lebensmitteln eindeckten, folgte ein langer und heisser Aufstieg am Col de Cabaretou (941m). Die Aussichten in die weite Berglandschaft waren prachtig. Weniger erfreulich waren die Auto- und Lastwagenfahrer, die riskante Ueberholmanover auf der unubersichtlichen Stasse unternahmen. Im Gegensatz zu den sehr vernunftig fahrenden Spaniern, welche immer und uberall zuvorkommend und nie gestresst waren, sind die Verhaltnisse auf Frankreichs Strassen nicht uberall so paradiesisch. Kein Vergleich zwar zu den rucksichtslos fahrenden Neuseelandern, aber sobald es viel Verkehr hat, werden die Franzosen ungeduldig. Auf den ruhigen Nebenstrasschen, auf denen wir uns fast ausschliesslich bewegen und von denen es hier nur so wimmelt, sind die Autofahrer aber freundlich und rucksichtsvoll und der Radfahrer Konig.
Ein Schild auf dem Col de la Baraque „Miel, Nougat, Pain d’epice“ verleitete uns zu einem Abstecher auf einen Bauernhof. Nach dem Kauf der Leckereien bot uns der Bauer an, hinter dem Haus das Zelt aufzuschlagen. Neben dem kristallklaren Weiher stellten wir unsere Villa in das weiche, trockene Buchenlaub. An der Abendsonne kochten wir Spaghetti, brutzelten Koteletts uns schlemmten Nougat zum Dessert - vive la France!

Posted by tandem-adventure at 10:21 AM BST
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St. Girons - Carcassonne: Ariege, Canal du Midi und Wehrturme
Mit St. Girons hatten wir zwar die Pyrenaen, in denen es uns so gut gefallen hatte, hinter uns gelassen. Die nun folgende liebliche Hugellandschaft der Ariege war aber ebenfalls ein Hochgenuss. Wir gondelten auf ruhigen Nebenstrasschen Flusschen entlang und uber einsame Hugelzuge. Weisse Blutenblatter wirbelten durch die Luft, der Kuckuck sang in den Hecken. Wir fragten abends Bauern fur ein Platzchen zum Zelten und durften an schonsten Lagen schlafen. Auf einem Hof zuchteten sie Mohair-Schafe und verkauften die Erzeugnisse aus der weichen Wolle in einer Boutique. Die Bauerin fuhrte uns durch den Stall, die Lammer waren gar nicht scheu und wir konnten ihr seidenweiches Fell streicheln.
Bei Le Mas d’Azil hatte der Fluss Arize eine grosse Hohle durch den Bergrucken gefressen, die Strasse fuhrte ebenfalls durch diesen naturlichen Tunnel, hoch wie eine Kathedrale. Ein Radfahrer wusste zu erzahlen, dass sein Vater dort drin wahrend des 2. Weltkrieges gearbeitet hatte, als die Produktion der Kampfflugzeuge von Toulouse hierhin in den Berg verlagert wurde.
Bei einem Bauernhof mit dem Schild „Fromage“ kauften wir Kase, zu unserer Ueberraschung waren die Bauern Schweizer, welche vor 16 Jahren ausgewandert waren. So kamen wir in den Genuss von „Schweizer“ Kase. In Gordouch trafen wir auf den Canal du Midi. Der Kanal wurde 1670 eroffnet und verbindet mit Hilfe von Schleusenanlagen das Mittelmeer mit dem Atlantik. Die ganze Anlage gilt als Unesco-Weltkunstwerk und wird heute rege von Hausbooten benutzt. Wir wussten, dass zwischen Toulouse und Carcassonne ein Radweg dem Kanal entlang fuhrt, aber nicht, dass dies nur fur ein 70 km langes Teilstuck gilt und davon Richtung Carcassonne nur noch 12 km auf uns warteten. Die alten Treidelwege entlang des Kanals, auf denen fruher Pferde die Schiffe zogen, konnen zwar auch auf den anderen Abschnitten befahren werden, waren aber fur uns zu holperig. Der lange Abschnitt dem Kanal entlang war fantastisch. Die eleganten 325-jahrigen Schleusen mit ihrer charakteristischen ovalen Form waren eine Augenweide, ebenso die alten Hauser und Warterhauschen. Im glatten Wasser des Kanals spiegelten sich die Baumreihen der Alleen, wir genossen die Ruhe und Besinnlichkeit. Als wir den durch die Baume recht geschutzten Kanal wieder verlassen mussten, waren wir wieder voll dem sturmischen Ostwind ausgesetzt. Ein einheimischer Radfahrer erklarte uns, dass es in dieser Gegend an 300 Tagen im Jahr winde. Auf der schmalen und stark befahrenen Hauptstrasse war das Fahren gegen diese unsichtbare Wand besonders frustrierend. Nach Stunden erreichten wir abgekampft Carcassonne, wo der Campingplatz wenigstens windgeschutzt war. Der Blick auf die mittelalterliche Festungsstadt in der Abendsonne war beeindruckend. Anderntags besichtigten wir die auf einem Hugel thronende Altstadt. Ein doppelter Mauergurtel und zahlreiche Turme mit spitzen Schieferdachern schutzten die Bewohner. Heute gleicht die Stadt eher einem Disneyland. Am fruhen Morgen oder spaten Abend durch die Gassen zu schlendern war toll, tagsuber verjagten uns aber die Touristenmassen.

Posted by tandem-adventure at 10:19 AM BST
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Issor - St. Girons: Traumlandschaften in den franzosischen Pyrenaen
Der Wirt der Auberge meinte, wenn uns Bergauffahren nichts ausmache, sollen wir doch den Umweg uber den Col de Marie-Blanque einschlagen, das sei ein landschaftlicher Leckerbissen. Nachdem sich der Morgennebel und die Wolkenreste der nachtlichen Gewitter verzogen hatten, durchflutete die Sonne die klare Bergluft. Vergnugt starteten wir in den Tag. Im schmucken Escot bogen wir auf die kleine Passstrasse ab. Eine Infotafel fur Radfahrer zeigte das Sterckenprofil, was uns gleich mal leer schlucken liess. Bis 13% steil soll die Strasse ansteigen, auf den letzten 4 Kilometer sind 430 Hohenmeter zu uberwinden. Aufmunternd nickten wir uns zu. Der kristallklare Bach rauschte durch leuchtend grune Wiesen, vorbei an einer alten Muhle. Bauernhofe und uralte, sorgfaltig gemauerte Stalle erfreuten unser Auge. Wir jauchzten ob all der Schonheit. Auf dem schmalen Strasschen waren mehr Rennvelofahrer als Autos unterwegs. Wieso brachten manche Velofahrer den Mund kaum mehr zu, wenn sie uns sahen oder grussten uns fast ehrfurchtsvoll? Bald spurten wir es, irre steil stieg die Strasse gegen den Himmel. Verbissen gaben wir alles, quetschten die letzte Energie aus unseren Waden. Autofahrer feuerten uns an, wir hatten das Gefuhl, wir seien an der Tour de France. Die Spanier hatten uns meist nur verstohlen aus den Augenwinkeln beobachtet und selten etwas gesagt. Hier in Frankreich sind wir standig bewunderte „Helden“, die Leute kommen offen auf uns zu. Die Franzosen scheinen ein veloverrucktes Volk zu sein, es wimmelt nur so von Rennradlern. Zwei Kilometer vor der Passhohe mussten wir kapitulieren, zu Fuss druckten wir das Tandem hoch, konnten das letze Stuck aber nochmals fahren. Unter klatschendem Beifall erreichten wir die Passhohe auf 1055m.u.M. Auch heute war es warm in der Hohe, wir genossen das Picnic und wurden ausgiebig „interviewt“. Immer wieder erreichten ausgepowerte Rennvelofahrer die Passhohe und schienen beim Anblick unseres schwerbeladenen Gefahrts ein wenig frustriert zu sein...
Die Abfahrt fuhrte auf die Hochebene „Plateau de Benou“, einer traumhaften Alp mit Pferden und Fohlen. Am Rand der Ebene verschlug uns das fantastische Panorama mit Blick ins Vallee d’Ossau und die Arena der weissen Berggipfel den Atem. Solche Augenblicke sind die Perlen unserer Reise und Antrieb fur manche Schwerarbeit. Was wir in diesen zwei Tagen von den franzosischen Pyrenaen gesehen hatten war umwerfend schon, wir fuhlten uns wie im Paradies.
In Louvie-Juzon mussten wir am Morgen bei Regen das schwere nasse Zelt zusammenraumen. Aber diese Seite der Pyrenaen ist ja nur so farbenprachtig und grun, weil es viel regnet. Die Strasse nach Lestelle war wiederum ein Hochgenuss. Stilvolle Bauernhofe lagen wie kleine Schlosser inmitten einer idyllischen Hugellandschaft. Dahinter schauten die weissen Gipfel durch blaue Wolkenlucken. Eine alte Sagerei am Bach, ein marodes Marchenschloss, Kuhe inmitten von Lowenzahnteppichen, Obstbaume in voller Blutenpracht, hubsche Dorfer mit viel Charme, Backereien mit Pain au Chocolat und frischem Baguette - wir waren restlos begeistert! Nach soviel Natur und Ruhe war Lourdes mit seinen Menschenmassen und dem Gewirr an Souvenirshops, Restaurants und Hotels zuviel fur uns. Wir ertrugen diesen Trubel nicht und beschlossen nach einem kurzen Besuch der Kathedrale weiterzufahren und an einem ruhigeren Ort zu ubernachten. Nach einem verregneten Nachmittag leisteten wir uns in Bagneres de Bigorre ein Hotelzimmer. Wir stellten das Elektroheizgerat auf voll Power und hangten im ganzen Zimmer alle nassen Kleider und die von der letzten Nacht triefende Campingausrustung auf. Im Nu fuhlten wir uns wie in den Tropen!
Nach Bagneres de Bigorre bogen wir auf ein kleines Nebenstrasschen ab. Die Barronnies, eine den Pyrenaen vorgelagerte Hugellandschaft, war ein besonderes Kleinod. Das umfangreiche Netz verkehrsloser Nebenstrasschen war ein Radlerparadies. Kaum einen Meter flach fuhrten die kurvigen Strasschen standig rauf und runter, uber kleine Passe, runter in Bachtobel mit alten Muhlen oder Sagereien oder mit Panoramablicken uber Kreten. Wir waren entzuckt uber die Bergdorfer, Weiler und Bauernhofe mit den sorgfaltig zusammengefugten Schieferdachern. Esel auf den Weiden blickten uns nach, Pferde kamen neugierig zum Zaun, die Strassenrander waren blumenubersat, Vogel sangen in den Hecken. Wir waren ganz verzuckt uber die Pracht. In den Barronnies hatten wir noch Tage verweilen konnen, aber wir wollten die Schonwetterlage nutzen, um den Pyrenaen entlang weiter nach Osten voranzukommen. Auch der nachste Tag von Heches uber St. Bertrand de Comminges bis an den Fuss des Col de Portet d’Aspet stand den letzten Tagen in nichts nach. Der Fruhling zog bei perfektem Wetter samtliche Register. Am Aufstieg zum Col des Ares explodierte mit einem lauten Knall unser Hinterreifen. Nach 5300km hatte er genug gesehen von der Welt. Wir waren zufrieden, hatten wir doch mit diesem von der Firma Schwalbe neu entwickelten Modell keine Probleme mehr gehabt, seit Wanaka auf der Sudinsel Neuseelands hatte er uns sicher und praktisch ohne Platten vorwartsgebracht. In Juzet d‘Izaut deckten wir uns in der Dorfmetzgerei mit feinen Wursten ein und sausten die Abfahrt ins Vallee d’Aspet runter, um gleich wieder Richtung Col de Portet d’Aspet anzusteigen. Diesen Pass sparten wir uns aber fur den nachsten Tag auf. Wir fragten einen alten Mann, der Brennholz bereitstellte, ob wir auf der Wiese am Bergbach das Nachtlager aufschlagen durften. Auch wenn wir keine Tour de France-Profis sind, ist es immer wieder verbluffend, mit welcher Sympathie oder Respekt uns die Franzosen begegnen. Die Wiese sei zwar nicht ihm, aber selbstverstandlich durften wir hier schlafen, meinte der Bauer und schuttelte uns kraftig die Hand.
Der nachste Bilderbuchtag fuhrte uns zunachst uber den Col de Portet d‘Aspet (1069m). Die Strasse war abschnittweise brutal steil, Rampen mit weit uber 10% zwangen uns zum schieben. Ein Denkmal erinnerte an Fabio Casartelli, der hier an der Tour de France vor einigen Jahren in der Abfahrt todlich verungluckte. Nach dem jahen Aufstieg im Bachtobel offnete sich plotzlich der Blick, auf der Passhohe war das uberwaltigende Panorama der weissen Gipfel die verdiente Belohnung. Fur die Abfahrt nahmen wir uns viel Zeit, schlenderten durch die Gassen der Dorfchen unterwegs und legten immer wieder Fotohalte ein. Castillon hatte einen tollen „Camping Municipal“, auf dem wir fast die einzigen Gaste waren. Im Suden blitzte das weisse Bergmassiv in der Sonne, uber dem Dorf thronte eine romanische Kirche, auf der anderen Talseite grusste ein Schloss und wir genossen den lauen Abend vor dem Zelt.
Die Weiterfahrt uber die Pyrenaenpasse Richtung Osten war uns nun versperrt, der Col de la Core war wegen einer Lawine noch geschlossen. An der romanischen Kirche von Luzenac vorbei erreichten wir St. Girons und liessen die franzosischen Pyrenaen mit Wehmut hinter uns - aber irgendwann werden wir in dieses Veloparadies zuruckkehren!

Posted by tandem-adventure at 10:04 AM BST
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Jaca - Issor: Ueber die Pyrenaen nach Frankreich
Dass das Packli mit Richard's Matteli schon am nachsten Tag auf der Post eintraf, war fur uns ein kleines Wunder. Weshalb es der Zollbeamte in Zaragoza zuruckbehalten hatte und erst nach einem Telefonanruf herausrucken wollte, war uns schleierhaft. Unserer Weiterfahrt nach Frankreich stand nun nichts mehr im Wege. Schon als wir am fruhen Morgen frisches Brot holten, fiel uns etwas Sonderbares auf. Es war ungewohnt warm, kein eisiger Nordwind wie bis gestern fegte durch die Gassen. Nach wochenlangem Frieren in Zentral- und Nordspanien mit wenigen angenehmen Tagen als Ausnahme hatten wir fur die Ueberquerung der Pyrenaen uber den 1650 m hohen Somportpass mit dem Schlimmsten gerechnet. Nun pedalten wir aber vergnugt bei etwas Sonnenschein und der lauen Brise im Rucken nordwarts in die Berge. Die Szenerie wurde "alpiner", immer mehr weisse Gipfel kamen zum Vorschein. Alte Bergdorfer hatten sich zu unschonen Wintersportorten entwickelt. Reihenweise Wohnblocke mit geschlossenen Fensterladen standen stumm neben alten Bauernhausern mit Schieferdachern. Das rostige Gleis der stillgelegten Bahnlinie wand sich mit zahlreichen Kunstbauten bergwarts. Pilger nach Santiago de Compostela waren auf dem alten Saumpfad unterwegs, in Canfranc grusste die Ruine einer romanischen Kirche. Wir zogen am eleganten Fort aus dem 19. Jahrhundert vorbei, auch die formschone Staumauer etwas oberhalb war ein ungwohnlich elegantes "Zweckbauwerk".
In Canfranc-Estacion verschwanden die Autos im kurzlich eroffneten Tunnel, wir schlugen den Weg Richtung Pass ein. Die internationale Bahnlinie ist zwar nicht mehr in Betrieb, das pompose Bahnhofgebaude beeindruckt aber noch immer. Der Bau stammt aus einer Zeit, als Technik und Fortschritt glorifiziert wurden und beispielsweise der Eiffelturm in den Himmel wuchs. Das formschone Gebaude, leider in recht verwahrlostem Zustand, wurde kurzlich zum Denkmal erklart. Es ist zu hoffen, dass es mal einem neuen Zweck zugefuhrt wird, als Gegenpol zu den oden "Feriensilos". Nicht nur das Bahnhofsgebaude, auch die ausgedehnte Gleisanlage und die ellenlangen Guterschuppen zeugen von einem intensiven grenzuberschreitenden Verkehr.
Auf dem Weg Richtung Passhohe kreuzten uns Autos mit Skiern auf dem Dach. Die Schneemauern neben der Strasse wurden immer hoher und das Bergpanorama immer spektakularer. Wir genossen das Bergauffahren, nicht zuletzt wegen den unerwartet milden Temperaturen. Im Wintersportort Candanchu liefen die Ski- und Sessellifte, Skifahrer schwangen sich Pisten runter. Skiferienstimmung auf dem Tandem, ziemlich surreal! Eine letzte Kehre, dann war die Passhohe erreicht. Gross war unsere Freude, Frankreich als siebtes Land unserer Reise erreicht zu haben, gross auch weil wir den Pass sogut meisterten und wir sogar hier oben nicht kalt hatten. Im Gasthaus "Chalet" starkten wir uns mit einer "Garbure", einem grossen Topf Suppe und Crepes, bevor wir talwarts ins Vallee d'Aspe rollten. Schneemaden saumten die Strasse, die weissen Gipfel standen majestatisch in der Runde. Die Strasse schlangelte sich steil unaufhorlich runter. Wir erreichten wieder die Hauptstrasse aus dem Tunnel. Eine erste schone Alp erinnerte uns ans Urnerland. Die Fahrt das Vallee d'Aspe runter wurde zu eiem Hochgenuss der Sinne. Wir wurden vollig uberrumpelt von der traumhaften Bergwelt und dem uberschwanglichen Fruhling auf dieser Seite der Pyrenaen. Alles war in sattes Grun getaucht, Baume und Straucher bluhten. Am Strassenrand leuchteten Ringelblumen, Vergissmeinnicht, Schlusselblumen, Wiesenschaumkraut und Katzenaugli. Vogel zwitscherten aus allen Himmelsrichtungen. Klare Bache sprudelten die Hange runter, Wasser uberall. Wir rollten durch Bergdorfer mit schmucken Hausern. Von all diesen schonen Bildern wurden wir richtig uberflutet. Vielleicht lag es auch daran, dass wir sehr an unsere Alpen erinnert wurden und uns nach bald 11 Monaten plotzlich wie zu Hause fuhlten? Auf der franzosischen Seite war die Strasse weniger ausgebaut. Modernisierte Abschnitte wechselten sich ab mit alten und teilweise sehr engen Passagen durch Schluchten. In einer dieser Schluchten stand das Fort du Portalet, eine beeindruckende Wehranlage aus dem 19. Jahrhundert. Die Bahnlinie war auf dieser Seite schon langer stillgelegt und im Gegensatz zur spanischen Seite gar nicht mehr befahrbar. Wir begegneten standig den Zeugen aus einer einst glorreichen Bahnepoche. Imposante Brucken, sorgfaltig gemauerte Tunnelportale, uberwucherte Geleise, kleine Bahnstationen wo noch bis hin zur Bahnhofsuhr alles vorhanden war. Bei Eygun setzten wir uns an den rauschenden und glitzernden Fluss und assen Zvieri, obwohl es schon fast 18 Uhr war - wir hatten die Zeit vollig vergessen. Plotzlich uberraschte uns auf der weiteren Talfahrt ein schnell aufziehendes Gewitter. Unmengen Wasser und Hagel prasseltenwahrend einer Viertelstunde auf uns nieder, dann tauchte die Abendsonne die dampfende Landschaft in eine zauberhafte Szenerie. Die nachste Gewitterwand war bereits im Anzug, als wir ein Schild "Chambre d'hote" sahen. Wir dachten das seien in Frankreich gunstige Unterkunfte auf dem Lande und pedalten in das Seitental, in der Hoffnung, moglichst schnell ein Dach uber dem Kopf zu haben. Wie wir dann herausfanden, sind
"Chambre d'hote" meist luxuriose Unterkunfte in alten Landhausern, wunderschon aber fur uns unerschwinglich. Diesen Abend machten wir eine Ausnahme, unter den dicken Daunendecken schliefen wir herrlich und liessen uns mit einem feinen Morgenessen verwohnen.

Posted by tandem-adventure at 9:41 AM BST
Updated: Friday, 3 June 2005 9:56 AM BST
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Thursday, 5 May 2005
Veloparadies Frankreich
Wir sind seit zwei Wochen in Suedfrankreich unterwegs. Perfekte Bedingungen zum Velofahren, der Fruehling voll im Saft und traumhafte Landschaften... nur eines gibt es hier nicht: Internet-Zugang!
Deshalb erscheinen zur Zeit keine neuen Reiseberichte. Fein saueberlich von Hand geschrieben warten sie auf eine Gelegenheit, abgetippt zu werden. Wir hoffen, irgendwo eine bessere Gelegenheit zu haben wie hier im Schloss Fayet, wo wir ganz kurz den Computer des Sekretariates benutzen duerfen! Bis bald...

Posted by tandem-adventure at 1:10 PM BST
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Thursday, 21 April 2005
Haro - Jaca: Rebberge der La Rioja, kulinarische Hoehepunkte und nur noch 31 km bis Frankreich
Von Haro aus schlaengelte sich die Panoramastrasse durch die Weinberge der La Rioja. Knorrige Rebstoecke soweit das Auge reichte, wohlhabende Winzerdoerfer wie das autofreie Schmuckkaestchen Laguardia, praehistorische Steingraeber und in der Ferne die weissen Gipfel der Sierra de la Demanda, die an diesem strahlenden Tag wie ein Wolkenband am Himmel schwebten - was will man mehr! Mit Logrono erreichten wir wieder das Tal des Ebro mit oeden Hauptstrassen, langweiligen kilometerlangen Geraden und eher trostlosen Doerfern. Richard plagten Bauchkraempfe und Uebelkeit. Bei Carcar hatten wir ein ganz besonderes Jubilaeum zu "feiern": den 10'000 km unserer Reise! Zeit zum festen hatten wir aber keine, mussten wir doch noch eine Unterkunft finden, bevor es dunkel wurde. In dieser Intensiv-Agrarlandschaft war wild zelten unmoeglich. Wir fuhren immer weiter und weiter, nach ueber 100 km und am Ende unserer Kraefte fanden wir in Calahorra um 21 Uhr doch noch eine Unterkunft.
Trotz Durchfall in der Nacht fuehlte sich Richard am Morgen besser, sodass wir nach Monteagudo fahren wollten, wo wir bei Bekannten eingeladen waren. Die Fahrt dorthin war durch haeufige Nothalte gepraegt. Franziska gab alles, um das Team dennoch ans Ziel zu bringen. Gross war die Freude des Wiedersehens, als wir Franziska's Bruder Michael und Leticia trafen. Sie kamen uns im Auto entgegen, stellten den Warnblinker ein und wir hielten mitten auf der Strasse ein Schwaetzchen. Bei Leticia's Eltern in Monteagudo wurden wir herzlich empfangen, durften ein schoenes Doppelzimmer beziehen und wurden nach Strich und Faden verwoehnt. Richard's Zustand verschlechterte sich, sodass wir noch einen Ausflug in das Spital machen mussten, wo er ein paar Stunden per Infusion ernaehrt wurde. Wie die Untersuchungen zeigten, litt er an einer virellen Darminfektion. Unsere Gastgeber kuemmerten sich liebevoll um uns, leider blieben Richard die kulinarischen Koestlichkeiten vorenthalten.
Nach drei Ruhetagen wagten wir uns die Reise fortzusetzen. Oestlich von Tudela tauchten wir ein in die sonderbare Landschaft der "Barenas". Farbige Sedimentgesteine mit interessanten Erosionsformen wir kleine Schluchten und stehengebliebene Tuerme verliehen der kargen Gegend einen Hauch Indianergefuehl. Nach der Grenze zu Aragon glitten wir mit Rueckenwind durch eine flache Ebene mit endlosen Weizenfeldern, auf den umliegenden Huegelzuegen drehten sich elegant unzaehlige Windkraftwerke. In Ejea waren zu unserem Erstaunen alle Unterkuenfte durch auswaertige Arbeiter ausgebucht. Richard lief es dank isotonischer Getraenke als einziger Nahrung aber unerwartet gut, so hatten wir gar nichts dagegen, mit der Windunterstuetzung noch weiterzupedalen. Nach Erla wand sich das Straesschen ueber einen kleinen Huegelzug, wo wir auf der Passhoehe ein perfektes Zeltplaetzchen fanden. Mitten in einem Meer von bluehenden und duftenden Thymian- und Rosmarinstauden stellten wir unsere Villa auf, was fuer eine Wohltat fuer die Sinne!
Die Strecke bis Ayerbe war ein Leckerbissen, wir kurvten durch eine abwechslungsreiche Landschaft mit kleinen Weizenfeldern, Brachflaechen mit bluehendem Ginster, gepflegten Doerfern, Burgruinen und schoenen Bachlaeufen. In Murillo genossen wir die ganz besondere Aussicht vom Campingplatz auf die unter Kletterern beruehmten roten Felstuerme, die wie Nadeln in den Himmel stachen. Durch eine Schlucht mit leuchtend blauem Wasser, ueber einen Stausee und einen Pass in den Vor-Pyrenaeen erreichten wir Jaca, unser letztes Etappenziel in Spanien. Hier wollten wir eigentlich das neue Schlafmaetteli fuer Richard in Empfang nehmen, das wir postlagernd hierhin schicken liessen. Leider war es am Zoll haengengeblieben, weil ihm keine Rechnung beilag... nun muessen wir schauen, wie wir dazu kommen, eine nervige Angelegenheit. Sobald es das Wetter zulaesst, werden wir ueber den Puerto Somport nach Frankreich fahren, dem siebten Land unserer Reise!

Posted by tandem-adventure at 10:42 AM BST
Updated: Thursday, 21 April 2005 11:55 AM BST
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Wednesday, 20 April 2005
Santo Domingo de Silos - Haro: Sierra de la Demanda
Bei Temperaturen nur wenig ueber dem Gefrierpunkt verliessen wir Santo Domingo de Silos um die Mittagszeit. Der Wetterbericht versprach fuer die naechsten Tage nur eine leichte Besserung, da war weiteres Abwarten zwecklos. Die Besucher der Mittagsmesse glotzten uns unglaeubig an, wir uns auch und lachten nur. Oestlich von Santo Domingo schlaengelte sich die Strasse durch eine weitere schoene Schlucht mit hoch aufragenden Kalktuermen. Dutzende von Geiern sassen auf den Felsen oder schwebten elegant durch die Luefte. Immer wieder hielten wir an und beobachteten fasziniert die riesigen Voegel, wie sie starteten, neugierig ueber uns kreisten und in den Horsten in den Felswaenden bei ihren Jungen landeten. In Hacinas besichtigten wir versteinerte Baumstaemme und waren froh in den engen Gassen kurz dem eisigen Wind entfliehen zu koennen. Nach Salas de los Infantes wies eine Infotafel auf Fossilien und Saurierspuren hin. Wir legten eine Pause ein, suchten vergnuegt Fossilien und foerderten zwei schoene Exemplare aus der Felswand.
Barbadillo del Pez machte auf unserer Karte einen etwas groesseren Eindruck als die andern verschlafenen Bergdoerfer. Wir hofften dort auf eine Unterkunft, aber vergeblich. Unsere Zehen waren Eiskluempchen, die Finger trotz zweier Handschuhe erstarrt und die Gesichter rot vor Kaelte. Ab und zu flockte es etwas aus den Wolken, aber besser Schnee als Regen! In der Schlucht vor Barbadillo de Herreros beobachteten wir wiederum Geier und konnten dabei die Kaelte kurzfristig vergessen. Hier haetten wir zur Not auch zelten koennen, aber wir wollten erst noch im naechsten Dorf nach einer Unterkunft schauen. In unseren Koepfen schwebten Bilder eines Kaminfeuers herum und wir sagten zueinander, wie schoen es doch waere, wieder mal wie in Neuseeland eine Unterkunft mit Kueche zu haben, wo wir selbst ein Nachtessen kochen koennten. Wenn wir hier in Spanien nicht zelten sondern "indoor" schlafen, stehen wir immer vor dem Problem des Nachtessens. Wir koennen dann nicht auf dem Benzinkocher unser Essen zubereiten und haben nur die Wahl, im Zimmer etwas Kaltes zu essen (Brot, Fleisch und Kaese, wie schon am Mittag) oder auswaerts essen gehen. Letzteres ist aber nur zu spaeter Stunde moeglich, denkbar ungeeignet fuer uns hungrige und muede Radfahrer. In Barbadillo de Herreros fanden wir zu unserer Ueberraschung ein "Casa Rural", eine Art Gruppenunterkunft. Mit brennendem Kaminfeuer und einer Kueche waren unsere Wuensche mehr als in Erfuellung gegangen und wir konnten uns uebergluecklich wieder aufwaermen.
Auf der Via Verde, einer ehemaligen Minenbahn, deren Trassee als 54 km langer Rad- und Wanderweg hergerichtet wurde, verliessen wir Barbadillo de Herreros Richtung Norden. Wie eine kleine Gotthardbahn schlaengelte sich die Bahnlinie in zahlreichen Kehren zur Passhoehe auf 1400 m hinauf. Wir durchquerten einsame, kahle Eichenwaelder, begegneten Schafherden mit Schutzhunden, fuhren durch Tunnels und Felseinschnitte und genossen die Ruhe und Einsamkeit. Schneereste neben dem Weg, Eiszapfen an den Felswaenden, Nieselregen und eine alle Kleiderschichten durchdringende Kaelte liessen aber nur maessig Freude am Fahrradfahren aufkommen. Nach 24 km gefiel uns das kleine Dorf Pineda de la Sierra so gut und unsere Zehen waren so kalt, dass wir es bei dieser kurzen Etappe bewenden liessen und im familiaeren Gasthaus nicht nur ein Zmittag assen, sondern gleich ein Zimmer nahmen.
Die Sierra de la Demanda waere eine tolle Region gewesen zum Radfahren. Zahlreiche Bergstraesschen und Paesse lockten. Aber es war einfach nicht die Jahreszeit dazu. So verliessen wir am naechsten Tag die Berge wieder auf direktem Weg nach Norden. Wir genossen die Stimmung dem Stausee entlang, welcher zwischen Schneebergen, Wolken, Nebel und kahlen Waeldern schimmerte. Durch die Wolken hindurch fuhren wir nach Pradoluengo hinunter, wo wir uns in der kleinen Markthalle mit feiner Wurst und Schinken eindeckten. Von Belorado bis nach Santo Domingo de la Calzada muehten wir uns auf der stark befahrenen Hauptstrasse ab, Unmengen von Lastwagen zogen an uns vorbei. Hier stiessen wir auf den Pilgerweg nach Santiago de Compostela, der streckenweise entlang dieser Strasse verlief. Wir waren erstaunt, wieviele Pilger zu Fuss Richtung Westen unterwegs waren. Santo Domingo de la Cazada lag mit 500 m relativ tief, es war mit 8 Grad wieder eine Spur waermer, sodass wir wieder mal zelten wollten. Eigentlich haetten wir besser in Santo Domingo eine Unterkunft genommen, die Zeltplatzsuche zog sich unerwartet dahin, erst nach weiteren 30 km fanden wir in Haro einen geeigneten Platz.

Posted by tandem-adventure at 7:34 PM BST
Updated: Wednesday, 20 April 2005 7:53 PM BST
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